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Kommentar: Menschenleben für den Fußball – das Problem an der Fußball Weltmeisterschaft in Katar

„ Insgesamt sind wir 150 Arbeiter, die hier festsitzen, wir sind hier gefangen. Jeden Tag ernähren wir uns von Wasser und Brot. Ohne Geld können wir uns nichts anderes leisten. Monat für Monat verschlimmert sich unsere Situation. Ich kann einfach nicht mehr. Ich will nur noch nach Hause, wir können nichtmal unsere Familien in Nepal anrufen.“ Dies sind die Worte von Dil Prasad, einem Gastarbeiter aus Nepal, der bis zu zehn Stunden täglich ohne Pause in Katar schuftet.

Doch wir beginnen erst einmal am Anfang dieser Geschichte. Am 2. Dezember 2010 fiel die Entscheidung, die Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar stattfinden zu lassen. Die WM wird allerdings nicht im Sommer stattfinden, wie wir es sonst gewohnt sind, sondern im Winter. Warum fragt ihr euch, naja weil es im Sommer in Katar einfach viel zu heiß ist. Insgesamt wurden für die WM in Katar fünf neue Stadien gebaut und drei weitere fast komplett renoviert und verändert. Jedoch sind die Stadien nicht die einzigen Kosten für Neubauten, sondern auch eine neue U-Bahn, sowie unzählige Straßenerneuerungen müssen bezahlt werden. Dass dies alles andere als klimafreundlich ist, müssen wir euch wohl nicht erklären. Hinzu kommt, dass das so genannte „Ras-Abu-Aboud“-Stadion unmittelbar nach der Weltmeisterschaft wieder abgerissen werden soll. Also soll die Jahre lange Arbeit und das Leben unzähliger Gastarbeiter lediglich für anderthalb Monate sinnlosen Fußball geopfert werden? Entscheidend ist auch, dass Katar nicht der einzige Bewerber war, denn auch Australien und Japan haben sich für die Ausrichtung der Weltmeisterschaft beworben. In diesen Ländern gab es je 40 gut einsetzbare Stadien. Ist es also notwendig, neue millionenschwere Stadien zu bauen und Menschenleben aufs Spiel zu setzen, wenn es bereits mehr als genug erbaute Stadien in anderen Ländern gibt?

Außerdem ist es kein Geheimnis, dass Katar zu den reichsten Ländern der Welt gehört, genauso wie dass durch die Ausrichtung einer Weltmeisterschaft sowohl das Image des Landes aufgewertet wird, als auch, dass dies wirtschaftlich positive Aspekte hervorbringt. Und somit könnte man sich durchaus die Frage stellen, ob die Fußball-Weltmeisterschaft vielleicht doch gekauft ist? Sichere Beweise gibt es dafür nicht. Jedoch berichtet der Stern, dass Katar 880.000.000,00$ gezahlt haben soll , um die WM dort ausrichten zu lassen. Zudem gibt es noch weitere, eher eigenartige Zufälle. Da gibt es beispielsweise den Belgier Michel D`Hooghe, dieser hat sich öffentlich dafür ausgesprochen, die WM in Katar stattfinden zu lassen. Kurze Zeit später nahm sein Sohn einen Jobangebot als Arzt in Katar an. Und auch beim damaligen UEFA-Präsident Michel Platini war das ähnlich. Platini hat damals öffentlich zugegeben, dass er für die Weltmeisterschaft in Katar gestimmt habe, und auch sein Sohn habe kurz nach den Wahlen ein Jobangebot aus Katar erhalten. Zufall?

Vielleicht kann sich der ein oder andere von euch daran erinnern, wie die deutsche Nationalmannschaft Ende März bei einem Qualifikationsspiel zur Weltmeisterschaft gegen Island bedruckte T-Shirts getragen hat mit dem Aufdruck: „Human Rights – Menschenrechte, welche es in Katar nicht gibt.“ Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist in Katar eingeschränkt, genauso werden Frauen in Katar im Alltag weiterhin unterdrückt und schwer beeinträchtigt. Grundsätzlich haben alle Bürger*innen Internetzugang, doch dies auch nicht ohne Einschränkungen, islamkritische Inhalte werden beispielsweise einfach blockiert. Homosexualität wird ebenfalls mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft. Muslime können zudem für außerehelichen Sex hingerichtet werden. Die Todesstrafe besteht auch noch, doch die Verwendung dieser ist eher unwahrscheinlich. Doch nicht nur Menschenrechte in Katar sind ein sehr umstrittenes Thema, sondern auch die politische Lage der Katarer ist kritisch zu beäugen, da die Regierung seit mehreren Jahren ein gut gepflegtes Verhältnis zu den Machthabern der Taliban führt. Und auch hier kann man sich wieder fragen, ist es ethisch korrekt ein Weltfest, welches mehrere hundert Millionen Menschen live oder durchs Fernsehen verfolgen, an einem Ort der Unterdrückung zu feiern?

Doch mindestens genauso problematisch wie die Unterdrückung der Menschenrechte in Katar sind die aktuellen Arbeitsbedingungen der Gastarbeiter. Die meisten dieser Gastarbeiter kommen aus Entwicklungsländern wie Syrien und Nepal. Diese arbeiten schätzungsweise zwischen zehn und vierzehn Stunden täglich. Dass dies auch noch ohne jegliche Pause für lebenswichtige Bedürfnisse wie Essen und Trinken unterbrochen wird, ist offensichtliche Ausbeutung. Doch unter diesen katastrophalen Arbeitsbedingungen sollte man wenigsten mit einem vernünftigen Gehalt sowie einem akzeptablen Schlafplatz rechnen. Doch auch in diesem Punkt werden die Gastarbeiter maßlos ausgenutzt. Zu Beginn der Einstellung wird den Arbeitern ein recht geringer Monatslohn vorgelegt, doch diese Zahlung wird selten eingehalten. Es gibt beispielsweise Gastarbeiter, die schon vor zwei Jahren zurück in ihr Heimatland gekehrt sind und bis zum heutigen Tage nicht bezahlt wurden, schätzungsweise werden ihnen 15.000$ vorenthalten. Die Hoffnung, dass das Geld doch noch bezahlt wird, haben sie bereits aufgegeben. Sie sind einfach nur froh, dass sie wieder in ihr Heimatland zurückkehren konnten, denn auch dies ist in den meisten Fällen äußerst schwierig. Denn oftmals werden den Gastarbeitern nach der Einreise alle möglichen und wichtigen Papiere entzogen, so dass die Rückreise in ihr Heimatland selten möglich ist.

Doch noch viel schlimmer als die vorenthalten Gelder und die katastrophalen Lebensumstände sind die Menschen, die auf Grund der Vorbereitung eines Weltfestes ihr Leben verlieren, beziehungsweise verloren haben. Die Zahlen sind unklar und die Frage, wie viele Menschen wirklich bei den Vorbereitungen gestorben sind wird man vermutlich niemals korrekt beantworten können. Das Organisationskomitee in Katar spricht lediglich von 34 verstorbenen Arbeitern. Wohingegen unzählige seriöse Nachrichtendienste beziehungsweise Presseagenturen von Zahlen zwischen 6.500 bis 25.000 Toten sprechen. Nun fragt ihr euch bestimmt, wie es sein kann, dass so viele Arbeiter überhaupt sterben können.  Nun ja, hier gibt es nicht nur eine einzelne Antwort, zunächst versterben einige Arbeiter auf Grund der bereits genannten schlechten Lebensumstände wie mangelnde Nahrung und den heißen Temperaturen, sie verdursten oder dehydrieren. Einige Arbeiter berichten dem WDR, dass sie von ihrem Arbeitgeber geschlagen und misshandelt wurden. Weitere verunglückten beim Bau der Stadien, beispielsweise stürzen sie aus mehreren hundert  Metern Höhe hinab. Nicht selten kommt es vor, dass die Arbeiter mit eigenen Augen sehen wie ihre Freunde und Arbeitskollegen vor ihnen in die Tiefe fallen. Diverse Quellen berichten, dass routinemäßig Totenscheine ausgestellt werden und die Leichen der Arbeiter innerhalb weniger Minuten weggeschafft werden.

Nach diesen Schilderungen fragt man sich natürlich, was da gegen getan wird. Leider ist die Antwort: Fast gar nichts! Die FIFA schritt trotz tausenden Beschwerden erst Ende 2015 ein, nachdem Großkonzerne wie Coca Cola und Visa hohen Druck auf den Veranstalter ausgeübt haben. Die rund 230 Gastarbeiter, welche seitdem bei national amnesty ausgesagt hatten. berichteten allerdings, dass sich fast nichts geändert habe, lediglich während ein Beobachter-Team der FIFA anwesend war hätten sie etwas weniger Stunden arbeiten müssen. Das Engagement der Deutschen gegen diese Ausrichtung fällt eher gering aus, lediglich die oben genannte Trikot-Aktion ging von den Spielern aus. Hierzu muss man aber auch sagen, dass die deutschen Fußballer sich politisch nicht offen und frei äußern dürfen. Aber jetzt mal ehrlich, mehr als Trikots bedrucken, wenn man die Vertreter des Deutschen-Fußball-Bundes persönlich kennt, ist doch schon drin, oder ?

Nun liegt es an euch ! Wir leben aktuell in einer Zeit, in der das Recht auf Freiheit unfassbar groß geschrieben wird, egal ob wir hier über die vielen LGBTQ+Demonstrationen reden, die Black-Lives-Matter-Veranstaltungen oder die Machtübername der Taliban in Afghanistan. Über all diese Themen sind wir bestens informiert und lesen, hören oder sehen fast wöchentlich neue Informationen oder Aufstände. Also können wir dieses Thema nicht einfach tot schweigen und müssen aktiv werden! Wir bitten euch darum, dass ihr euch über die Umstände in Katar informiert und darauf aufmerksam macht. Unterstützt diese Veranstaltung nicht, denn jeder Verkauf von einem einzelnen Fan-Artikel und jeder einzelne Zuschauer vor dem Fernsehen oder in den Stadien ist einer zu viel !

Michael Bednarz

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